Der moderne Siebdruck erfordert fundierte Kenntnisse über Druckfarben und deren Wechselwirkungen mit verschiedenen Siebgewebetypen. Dieser technische Leitfaden untersucht detailliert die vier Hauptkategorien von Druckfarben und liefert:

  • Vollständige technische Spezifikationen
  • Empfohlene Gewebe für jede Anwendung
  • Optimale Druckparameter
  • Praktische Anwendungsbeispiele mit konkreten Fallstudien
  • Lösungen für häufig auftretende Probleme

1. Wasserbasierte Farben

Technische Eigenschaften

Wasserbasierte Farben sind die ökologische Wahl für den Druck auf Naturtextilien. Ihre fortschrittliche Rezeptur enthält:

  • Wasserbasis (60-75%): Demineralisiertes Wasser mit niedrigem Schwermetallgehalt
  • Pigmente (15-25%): Ultrafeine Dispersionen mit 0,2-0,8 Mikron Partikelgröße
  • Bindemittel (12-18%): Modifizierte Acryl-Vinyl-Copolymere
  • Additive (5-8%): Netzmittel, Verzögerer und Viskositätsregler

Empfohlene Siebgewebe

Anwendungstyp Fadenzahl Fadenmaterial Maschenweite Schichtdicke
Basisdruck auf Baumwolle 43-80T Polyester 75-100μm 12-18μm
Grafische Details 100-140T Kalandrierter Polyester 45-60μm 8-12μm
Reservierungen 62-71T HD-Polyester 110-130μm 20-30μm

Praktische Anwendungsbereiche

Nachhaltige Mode: Bio-Baumwoll-T-Shirts mit GOTS-Zertifizierung, bei denen Griffigkeit entscheidend ist. Beispiel: "Eco-Print"-Kollektiven für Premium-Marken.

Merchandising: Druck auf Naturleinen-Taschen für Firmenevents mit besonderer Beachtung der Atmungsaktivität.

Wohnaccessoires: Kissen und Heimtextilien, die häufiges Waschen bei 60°C ohne Farbverlust erfordern.

"Für unsere High-Fashion-Produktionen auf Leinen und Hanf verwenden wir ausschließlich wasserbasierte Farben mit 90T HD-Geweben. Dies ermöglicht hervorragende Farbwiedergabe bei Erhalt der natürlichen Atmungsaktivität."

— Elena Rossi, Technische Leiterin @EcoTextilePrint

Häufige Probleme und Lösungen

Problem: Siebverstopfung bei langen Druckläufen

Ursache: Vorzeitiges Trocknen in den Maschen

Lösungen:

  • 3-5% spezielles Netzmittel zusetzen
  • Polyurethan-Rakel mit abgerundeter Kante verwenden
  • Raumfeuchte >55% RH halten
  • Gewebe mit Antihaft-Beschichtung bevorzugen

2. Plastisolfarben

Chemische Zusammensetzung

Plastisol ist das vielseitigste Drucksystem für Bekleidung und besteht aus:

  • PVC-Harz (28-35%): Niedermolekular plastifiziert
  • Weichmacher (45-55%): Phthalate oder Phthalatersatz (DINCH, DOTP)
  • Pigmente (12-22%): Konzentrate mit hoher Farbstärke
  • Additive (5-10%): Verdünner, Deckmittel, Verzögerer

Optimale Gewebeauswahl

Plastisol-Typ Empfohlene Gewebe Fadendurchmesser Farbviskosität Typische Anwendungen
Standard 43-140T 34-40μm 40.000-60.000 cps Baumwoll/Poly-T-Shirts
High Density 62-77T 48-55μm 80.000-120.000 cps 3D-Effekte
Soft Hand 140-160T 27-34μm 25.000-35.000 cps Weichgriffige Drucke
Nachleuchtend 90-110T 40-48μm 50.000-70.000 cps Schutzkleidung

Industrielle Anwendungsbeispiele

Sportbekleidung: Druck auf technischem Polyester mit 140T-Gewebe und hoch elastischem Plastisol (300% Dehnung). Beständig bei 40°C-Wäschen.

Werbeartikel: Druck auf Hoodies mit High-Density (62T) für reliefartige Effekte, die über 50 Industrie-Wäschen standhalten.

Arbeitskleidung: 110T-Gewebe mit hoch deckendem Plastisol für Sichtbarkeit und Haltbarkeit auf schweren Geweben wie Twill.

"In der Produktion von Berufssportbekleidung kombinieren wir 140T-Gewebe mit silikonmodifiziertem Plastisol für elastische Drucke, die auch nach wiederholter Dehnung und aggressivem Waschen ihre Farbbrillanz behalten."

— Marco Bianchi, F&E-Leiter @SportWearTech

Optimale Aushärtungsparameter

Die Polymerisation erfordert Beachtung von drei Schlüsselfaktoren:

  1. Spitzentemperatur: 160-170°C (320-338°F) im Farbkern
  2. Einwirkzeit: 90-120 Sekunden bei Zieltemperatur
  3. Aufheizrate: Maximal 10°C/min zur Vermeidung von thermischen Schocks

Wichtige Hinweise

Unterhärtung verursacht:

  • Geringe Waschbeständigkeit
  • Weichmacher-Migration
  • Elastizitätsverlust

Überhärtung führt zu:

  • Vergilbung
  • Übermäßiger Steifheit
  • Faserdegradation

3. Lösemittelfarben

Chemische Formulierungen

Lösemittelfarben unterscheiden sich durch die verwendeten Lösungsmittel:

Lösemitteltyp Verdunstungsrate Oberflächenspannung Zielsubstrate Optimale Gewebe
Ethylacetat 4.1 23.9 dyn/cm Hart-PVC 120-140T
MEK 6.3 24.6 dyn/cm Metalle 140-160T
Isopropanol 2.4 21.7 dyn/cm Polypropylen 90-110T
Glykolether 0.2 28.3 dyn/cm Glas 77-90T

Spezialisierte Anwendungsgebiete

Elektronik: Druck leitfähiger Schaltkreise auf Kunststoffsubstraten mit 160T-Geweben und polaren Lösemittelfarben für Haftung auf Polycarbonat.

Automobil: Innenraum-Dekore mit UV- und thermisch beständigen Farben (-40°C/+85°C), appliziert mit 140T.

Verpackung: Druck auf Pharma-Blister mit FDA-zugelassenen Lösemittelfarben unter Verwendung von 150-180T-Geweben für präzise Details.

"Für den Druck auf ABS-Elektronikkomponenten verwenden wir lösemittelhaltige Farben mit 160T-Edelstahlgeweben. Dies ermöglicht Linien unter 100μm mit Beständigkeit gegen Reinigungslösungsmittel."

— Dipl.-Ing. Paolo Verdi, Produktionsleiter @ElectroPrintSolutions

Sicherheitshinweise

Der Umgang mit Lösungsmitteln erfordert strikte Vorsichtsmaßnahmen:

  • Belüftung: Mindestens 15 Luftwechsel/Stunde mit ATEX-extraktoren
  • PSA: Masken mit ABEK1P3-Filtern, Nitrilhandschuhe
  • Lagerung: Belüftete Schränke mit Explosionsschutz
  • Entsorgung: Fachgerechte Entsorgung durch autorisierte Betriebe

4. Epoxidfarben

Zweikomponenten-Technologie

Epoxidfarben bieten extreme Leistung dank:

  • Komponente A: Modifiziertes Epoxidharz mit Mineralstoffen (40-60%)
  • Komponente B: Polyamid- oder Amin-Härter (10-20%)
  • Additive: Netzmittel, Beschleuniger, Fließmittel (5-10%)

Gewebeauswahl für kritische Anwendungen

Substrat Empfohlenes Gewebe Material Schichtdicke Anwendungsbeispiel
Stahl 90-120T Edelstahl 55-75μm Industriepaneele
Aluminium 120-140T HD-Polyester 40-60μm Luftfahrtkomponenten
Glas 77-90T Nylon 70-90μm Schutzscheiben
Keramik 140-160T Feinpolyester 30-50μm Dekorfliesen

Hochtechnologische Industrieanwendungen

Luftfahrt: Markierung von Leichtmetallkomponenten mit Epoxiden für -60°C/+200°C, unter Verwendung von 140T-Edelstahlgeweben.

Medizintechnik: Druck auf chirurgische Instrumente mit biokompatiblen, sterilisierbaren Farben (160T-Gewebe).

Elektronik: Siebdruck von Leiterplatten mit leitfähigen Epoxiden (120T-Gewebe für 25-35μm Schichten).

"In der Produktion von Schiffsmotorkomponenten verwenden wir wärmehärtende Epoxide mit 90T-Edelstahlgeweben. Die Drucke widerstehen Salzwasser, UV und Abrieb über 10 Jahre unter Extrembedingungen."

— Dr. Roberto Neri, Materialingenieur @MarineTech

Optimaler Aushärtungszyklus

Die Vernetzung erfordert präzise Steuerung:

  1. Topfzeit: 30-90 Minuten bei 23°C (formulierungsspezifisch)
  2. Gelierung: 30 Minuten bei 80-100°C
  3. Vollständige Aushärtung: 2-4 Stunden bei 120-150°C
  4. Nachhärtung: 24 Stunden Raumtemperatur für maximale Leistung